Deutsche TV-Plattform

Going Green

Nachhaltigkeit bei Produktion, Distribution und Empfang audiovisueller Medien

Nachhaltigkeit gewinnt auch in der Medienbranche zunehmend an Gewicht, ist allerdings keine leichte Aufgabe: Es werden immer mehr Inhalte produziert, der Video-Traffic über Broadcast-Infrastrukturen, IP und mobile Datenautobahnen nimmt weltweit zu – und damit tendenziell auch der Energieverbrauch und die Umweltbelastung. Neue, zusätzliche Verbreitungswege und Qualitätsstufen – wie etwa 5G und UHD-HDR – lösen bestehende Technologien und Verbreitungswege nicht ab, sondern kommen zunächst On-Top hinzu. Und parallel zur Distribution nimmt auch die Nutzung auf verschiedensten Endgeräten zu, vom Smartphone bis zum 88 Zoll-Fernseher.

Bei der 5. Ausgabe der Event-Serie Media Innovation Platform drehte sich deshalb unter dem Motto “Going Green” alles um Nachhaltigkeit und Umweltschutz. Wir beleuchteten die Möglichkeiten unserer Branche, entlang der gesamten Wertschöpfungskette – von der Produktion, über die Distribution bis hin zum Empfang von audiovisuellen Medien – einen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele zu leisten, etwa durch Reduktion des CO2-Ausstoßes, mehr Energieeffizienz, Müllvermeidung und Recycling.

Moderator der Veranstaltung: Jörn Krieger, freier Journalist

Event-Video

Die Konferenz zusammengefasst in 3 Minuten

„Wir haben gesehen, wie vielschichtig und verzahnt die Thematik über die Wertschöpfungskette hinweg ist. Ein wichtiges Learning ist daher, dass wir gerade bei der Distribution noch genauere Daten und Messungen benötigen, um sinnvolle Empfehlungen für die Verbesserung der Energieeffizienz geben zu können. Diesen und zahlreiche weitere Impulse aus der Veranstaltung werden wir mit in die Arbeitsgruppen der TV-Plattform nehmen. Nachhaltigkeit hat das Potential, sich zu einem zentralen Thema auf unserer Agenda zu entwickeln.“

Andre Prahl (RTL Deutschland) Vorstandsvorsitzender der Deutschen TV-Plattform

Impulsvortrag

Alles auf grün. Warum Verbraucher nachhaltig handeln und was der Megatrend Nachhaltigkeit für Unternehmen bedeutet

In ihrem Impulsvortrag unterstrich Petra Sueptitz, Director Marketing & Consumer Intelligence, GfK SE, dass Nachhaltigkeit als Megatrend fest in den Werten der Deutschen verankert ist: zwei Drittel der Deutschen erwarten von Unternehmen, dass sie nachhaltig handeln, der Schutz der Umwelt liegt auf Platz 10 von 57 persönlichen Werten, die die jedes Jahr im GfK Consumer Life Studie misst.

Die Klimakrise und die Bedeutung von Nachhaltigkeit endet nicht mit der Inflation. Vor allem krisenresistente Verbraucher, denen es finanziell gut geht und die sich nur wenige Sorgen um ihren Arbeitsplatz machen, achten auf Nachhaltigkeit und werden das trotz der derzeit steigenden Preise weiterhin tun. Denn der Schutz der Umwelt gehört zu den wichtigsten Werten der Konsumenten und diese Werte werfen die Menschen nicht einfach über Bord. Konsumenten erwarten von Unternehmen, nachhaltig zu handeln. Hersteller und Händler sollten sich weiterhin umweltfreundlich aufstellen, um langfristig am Markt erfolgreich zu bleiben. Genaue und zuverlässige Informationen sind wichtiger denn je. Behauptungen und Zertifizierungen werden kritischer und genauer geprüft als je zuvor.

Petra Sueptitz, Director Marketing & Consumer Intelligence, GfK SE
der Verbraucher weltweit halten es für wichtig, dass Unternehmen umweltbewusst handeln
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der Verbraucher weltweit ziehen eine Marke einer anderen vor, wenn diese eine Sache unterstützt, an die sie glauben
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der Verbraucher weltweit vertrauen darauf, dass Unternehmen ihnen die Wahrheit sagen
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Nachhaltigkeit bei der Produktion

Die Experten

Marie-Fee Taube,
Director Sustainability / Corporate Strategy & Development, RTL Deutschland

Michael Becker,
Leitung Abteilung Szenische Herstellung Auftragsproduktionen & Nachhaltigkeit, SWR

Jochen Siegle,
Managing Partner, momentifilm

„Nachhaltigkeit ist das Handlungsprinzip der aktuellen Zeit“, sagte Marie-Fee Taube, Director Sustainability / Corporate Strategy & Development, RTL Deutschland, in ihrem Vortrag zur Nachhaltigkeit bei der Content-Produktion. „Für Klima- und Umweltschutz stellen wir uns zwei Fragen: wie können in der Wertschöpfungskette negative Auswirkungen reduziert und vermieden werden (Footprint) – und wie kann mit Medieninhalten in Form von Klimajournalismus und innovativen Formaten für grüne Themen sensibilisiert werden (Brainprint)?“ 

Die TV- und Film-Branche habe die Verantwortung gemeinsam erkannt und angenommen. Das zeige sich vor allem durch den Dialog im Arbeitskreis Green Shooting – einem Zusammenschluss deutscher Produzenten, Sender, Filmförderer und Verbände. Das gemeinsame Ziel: Produktionen so umwelt- und klimaverträglich wie möglich zu machen und CO2-Emissionen zu minimieren. Jüngster Meilenstein ist das Committment auf gemeinsame Ökologische Mindeststandards (ÖMS), welche bei Bestehen mit dem einheitlichen Label „green motion“ ausgezeichnet werden. Auf Basis gemeinsamer ökologischer Mindeststandards lassen sich schon heute in der Regel 50 Prozent Emissionen sparen. „Green Productions ist eine Gesamtaufgabe der Branche – nicht schlagartig, aber graduell. Wir streben mit Green Productions nach langfristiger Veränderung,“ so Taube.

„Die größten Einsparpotenziale liegen in der Logistik (Mobilität, Reise, Transport) und im Bereich Energie. Auch dramaturgisch kann man ansetzen, etwa keine Plastikbecher im Büro, mit dem Rad zur Arbeit statt mit dem Auto…für den grün produzierten Tatort „5 Minuten Himmel“ konnten wir insgesamt den CO2-Verbrauch um die Hälfte auf 70 Tonnen reduzieren. Bis 2024 sollen bei der ARD alle Inhouse-Produktionen nach den Mindeststandards produziert werden.“

 

Michael Becker,
Leitung Abteilung Szenische Herstellung Auftragsproduktionen & Nachhaltigkeit, SWR

Arbeitskreis Green Shooting
Der Zusammenschluss deutscher Produzenten, Sender, Filmförderer und Verbände verfolgt das Ziel, Produktionen auf Basis einheitlicher Mindeststandards so umwelt- und klimaverträglich wie möglich zu machen und CO2-Emissionen zu minimieren. Bei den ökologischen Mindeststandards gibt es 22 obligatorische „Muss-Vorgaben“. Damit eine Produktion mit dem Label green motion ausgezeichnet werden kann, müssen bei den im Inland realisierten Produktionsteilen mindestens 19 Muss-Vorgaben eingehalten werden. Bei Produktionen, bei denen mehr als 25 % der Gesamtherstellungskosten im Ausland anfallen, müssen zusätzlich auch bei den im Ausland hergestellten Produktionsteilen 19 von 22 Muss-Vorgaben eingehalten werden. Mehr Informationen: https://www.oekologische-mindeststandards-greenmotion.de/

„Meine durchaus provokative These zum Thema ist: Personalisierung und Nachhaltigkeit passen nicht zusammen. Im Gegensatz zum Massenmedium Rundfunk – also One-to-Many – erfolgt die Auslieferung von Inhalten über das Internet Eins-zu-Eins an die Zuschauer. Das kann nicht nachhaltig sein.“

Prof. Dr. Claudia Loebbecke,
Direktorin des Seminars für Medien- und Technologiemanagement, Universität zu Köln, 

Nachhaltigkeit bei der Distribution

Die Experten

Peter Pogrzeba,
T-Labs, Deutsche Telekom 

Michael Pausch,
Leitung Rundfunkverbreitung und Frequenzmanagement, Bayerischer Rundfunk

Holger Kuntz,
Industry Engagement Marketing,
Akamai Technologies

Einsparpotenziale beim Videostreaming untersuchen gemeinsam T-Labs Deutsche Telekom und Fraunhofer FOKUS. Peter Pogrzeba (Deutsche Telekom) stellte die aktuellen Ergebnisse vor. Den tendenziell größten Anteil am Energieverbrauch in der Streamingkette hat das Verteilnetzwerk (25-35%). Auch die Auflösung des Signals spiele eine wichtige Rolle. Bei höherer Auflösung der Streams (UHD) steige der Stromverbrauch drastisch (bis zum Dreifachen gegenüber HD). „Insgesamt gibt es momentan aber keine detaillierten Daten zum Stromverbrauch für Videostreaming im Netzwerk“, so Pogrzeba. Die Berechnung des Energieverbrauchs für Videostreaming  ist mit einer gewissen Variabilität und Unsicherheit behaftet, da die Datenbasis für den Energieverbrauch von OTT Video Streaming sehr vielfältig und unübersichtlich ist.

In der anschließenden Diskussionsrunde mit Michael Pausch, Leitung Rundfunkverbreitung und Frequenzmanagement, Bayerischer Rundfunk, und Holger Kuntz, Industry Engagement Marketing, Akamai Technologies, wurde herausgestellt, dass es bei der Bewertung von linearer oder non-linearer Verbreitung auf den Inhalt und den Use Case für den Kunden ankommt, der immer öfter Inhalte über Streaming nutzt. Live-Sendungen blieben auch in puncto Energieeffizienz eine Domäne des klassischen Rundfunks. Holger Kuntz betonte, dass derzeit durch den Einsatz eigener Wind- und Solarenergieformen, Software-Optimierungen und robustere Server jährliche Effizienzsteigerungen von rund 30 Prozent erzielt werden können.

„Was das Streaming betrifft, sehen wir einen großen dunklen Fleck in der Bevölkerung. Niemand verknüpft das Streaming zuhause mit einem CO2-Fußabdruck. Jeder weiß, dass eine Gefriertruhe mit Effizienklasse „G“ wahrscheinlich nicht so gut für die Umwelt ist. Aber beim Streaming denkt darüber keiner nach, es ist für den durchschnittlichen Zuschauer nicht transparent.“

 

Michael Pausch
Leitung Rundfunkverbreitung und Frequenzmanagement, Bayerischer Rundfunk

Nachhaltigkeit bei Empfang und Endgeräten

Die Experten

Christian Eckert,
Bereichsleiter Nachhaltigkeit & Umwelt , ZVEI e.V. 

Alexander Goldberg,
Vorstand, Stiftung Elektro-Altgeräte Register 

Volker Blume,
CEO, BLU TEC ONE 

Christian Eckert, Bereichsleiter Nachhaltigkeit & Umwelt des ZVEI, dem Verband der Elektro- und Digitalindustrie, gab einen Ausblick auf die Regulierungsvorhaben auf europäischer und nationaler Ebene. Er stellte die Entwicklung heraus vom vormals linearen Ansatz der EU, der bei den jeweiligen Wertschöpfungsschritten wie Produktdesign, Verpackung und Entsorgung ansetzt, zu einem künftig zirkulären Ansatz. Besondere Bedeutung hat für die Geräteindustrie die „Ecodesign for Sustainable Products Regulation“. Dieses Maßnahmenpaket gibt wichtige Impulse für einem schonenderen Umgang mit Ressourcen, mehr Energieeffizienz und damit mehr Klimaschutz sowie Resilienz in Europa. „Die Vielzahl an Nachhaltigkeitsanforderungen darf allerdings nicht zulasten der Produktsicherheit oder -funktionalität gehen“, unterstrich Eckert. In der anschließenden Diskussionsrunde unterstrich Volker Blume, CEO, BLU TEC ONE, dass die Hersteller im Hinblick auf die Energieeffizienz von Fernsehgeräten in den letzten Jahren große Fortschritte erzielt haben – die Geräte noch weiter zu optimieren sei schwierig. Eckert erläuterte, dass die Relevanz des Energielabels für TV-Geräte als Kaufkriterium sinke, da aufgrund neuer Berechnungsmodi nahezu alle Geräte in die gleiche Energieklasse eingestuft würden – was dem Verbraucher keine Orientierung biete.

„Der Wissenstand der Verbraucher, wo Endgeräte wie Fernseher, Receiver & Co. entsorgt werden, steigt kontinuierlich. Als gemeinsame Stelle der Hersteller informiert die Stiftung ear bundesweit die Verbraucher:innen über die korrekte Entsorgung von elektronischen Altgeräten mit der Kampagne „Plan E“. Elektronische Produkte, die das Ende ihrer Nutzungs- oder Lebenszeit erreicht haben, sind kein Müll, sondern eine Quelle für wiederverwertbare Rohstoffe. Um diese zu sichern, müssen Altgeräte fachgerecht entsorgt werden – für mehr Nachhaltigkeit und eine funktionierende Kreislaufwirtschaft.“

 

Alexander Goldberg,
Vorstand, Stiftung Elektro-Altgeräte Register 

Impressionen